RUNDTÜRME

Nördlicher Rundturm in der Ringstraße (1956)

Die Rundtürme im Stadtteil Langendiebach wurden im 16. Jahrhundert von den Grafen von Isenburg-Büdingen erbaut. Für die weit verbreitete Meinung, es handele sich um Reste einer älteren »Ortsbefestigung«, gibt es keine Belege. Äußerlich als Geschütztürme angelegt, lag der Sinngehalt der Türme weniger in der Verteidigung des Ortes und seiner Bewohner, sondern in der Stabilisierung der gräflichen Grundherrschaft. Die Türme sind heute im Besitz der Stadt Erlensee.
Es gibt einen Turm in der Ringstraße und einen Turm südlich davon in der Turmstraße Ecke Uferstraße. Für beide existiert keine Baudokumentation. Das ist insofern traurig, da die Türme zwar im seit 1905 immer wieder neu aufgelegten „Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler“ von Georg Dehio aufgenommen, aber niemals vermessen oder erforscht worden sind. Die schon 1870 von preußischen Wissenschaftlern vorgenommene Datierung erfolgte anhand eines Stilvergleichs mit Türmen des Spätmittelalters. Das verkehrsreiche Kinzigtal ist voll damit.

In der Reformationszeit erbaut
Die Ortsgeschichte und die Bauform der Langendiebacher Türme sprechen aber eher für eine Entstehung in der 1. Hälfte des 16. Jahrhunderts. Es ist die Zeit, als Graf Anton v. Isenburg-Büdingen damit beginnt, sein Territorium mit dem Bau der Vorburg auf Schloss Ronneburg zu festigen und neu zu organisieren. Die Türme sind somit frühe Zeugnisse reformatorischer Baukunst im Main-Kinzig-Kreis.
Der südliche Turm in der Turmstraße stand ursprünglich frei im Gelände und weit außerhalb des mittelalterlichen Dorfes. Seine Funktion ist nicht eindeutig bestimmbar, er könnte zum Beispiel als Zollstation oder Warte gedient haben. Das an seiner Westseite angebaute Haus ist ein nachträglich verputzter Massivbau aus Dolerit und stammt aus der Zeit nach 1870. Historische Aufnahmen aus den Tagen des 1. Weltkriegs und um 1938 zeigen den Turm noch mit blankem Mauerwerk und Putzresten.

Südlicher Wehrturm in der Turmstraße (1940)
Blick vom Nordturm in Richtung Langenselbold

Der nördliche Turm hingegen war Teil einer Befestigung. Er gehörte zur ehemaligen Schlossanlage (siehe hierzu den Beitrag zum historischen Brunnen in Langendiebach). Ins Turminnere gelangt man über eine heute nicht mehr vorhandene Mauer an der Westseite. Diese Mauer mit Wehrgang folgte dem Verlauf der heutigen Brunnenstraße und endete im Westen an einem Torhaus, das zugleich die gräfliche Residenz war. Im Jahr 1517 wurde das „Haus oder Schloss“ zu Langendiebach erstmals schriftlich erwähnt.
Rester der ehemaligen Schlossmauer an der gegenüberliegenden Seite, der Ravolzhäuser Straße, waren noch bis 1974 vorhanden. Während des Dreißigjährigen Kriegs standen auf dem Schlossgelände zwischen Ravolzhäuser Straße und Brunnenstraße noch ein Wirtschaftshof, der nachmalige Gasthof „Zum Schwanen“, sowie Stallungen und Werkstätten. Der Platz war günstig gelegen, denn von hier konnte man den Verkehr beobachten, der von der Hohen Straße bei Ravolzhausen auf die sogenannte mittlere Kinzigtalstraße in Richtung Langenselbold und Gelnhausen einbog.
Vom Südturm konnte der Verkehr eingesehen werden, der die Kinzigtalstraße von der Grafschaft Hanau her kommend entlang zog.
Als Bauzeit für die Rundtürme ergibt sich demnach ein Zeitrahmen von etwa 1511 bis 1558. Für dieses Jahr liegen erstmals Nachrichten vor, wonach die Grafen zu Langendiebach von durchfahrenden Reisenden Zölle erhoben.

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