BACKHÄUSER

Backhäuser in Rückingen

Erinnerungen von Luise Schneider aus den 1920er und 1930er Jahren.

Backhaus Rückingen (ca. 1950)

In Rückingen gab es zwei Backhäuser. Das eine stand in der Hauptstrasse gegenüber der Kirche. Das Zweite in der Römerstrasse 1, Ecke Hauptstrasse. Wann die Backhäuser errichtet wurden, konnte man bislang noch nicht feststellen. In früheren Jahrhunderten haben die Frauen jedoch dort schon ihr Brot gebacken. Es wurde im Abstand von 7 bis 14 Tagen gebacken. Die Backhäuser waren sehr einfach eingerichtet. Die hintere Wand des Raumes nahm der Ofen ein. In der Mitte war die große Öffnung, in der das vorbereitete Brot mit dem Backschieber eingeschoben wurde. Neben der Öffnung war die Feuerung. Der Fußboden war mit großen Steinplatten ausgelegt. Links und rechts an der Wand waren angemauerte Steinbänke, auf denen der Backtrog stand. Über den Steinbänken waren zwei Holzstangen befestigt für die Backbleche oder manches andere. Der Raum sah immer etwas schwarz geräuchert aus.
Die Backhäuser gehörten der Gemeinde. Wenn die Frauen backen wollten, mussten sie sich ihr „Backzeichen“ dort holen. Das heißt, es wurden Zeiten eingeteilt, wer zuerst am Backen war. Die Frauen gaben an, ob sie in der Frühe oder am Mittag backen wollten. Meist 3 bis 4 Frauen konnten an einem Tag backen. Ein „Backzeichen“ kostete 30 Pfennige. Die erste musste schon früh mit Holzreiser, genannt Backwellen, den Ofen anheizen. So nannte man die Reisigbündel. Hatte der Ofen die richtige Hitze, wurde die Asche heraus gekratzt und mit einem nassen Sack die Öffnung gereinigt. Zwei Backfrauen taten sich immer zusammen und halfen sich gegenseitig.

Abriss des Backhauses in der Hauptstraße in Rückingen

Ein Eimer Wasser stand immer bereit. Die eine Frau formte den Brotteig mit nassen Händen. Der Backschieber wurde mit Kleie oder Roggenmehl bestreut und der Laib darauf gesetzt. Die andere Frau schoss den Brotlaib mit dem Schieber in den heißen Ofen. In die große Öffnung gingen viele Brote. Sie brauchten ca. 1 Stunde bis sie ausgebacken waren. Dann wurden sie mit einer großen Bürste mit Wasser bestrichen, das war das Auffrischen. Davon bekamen die Brote ihre glänzende dunkle Kruste. Zuletzt wurde der Backtrog mit dem Schaber ausgekratzt. Von dem Restteig wurde der Kratzkuchen gebacken. Das war ein Leckerbissen für die Kinder. Man konnte ihn auch mit Apfelstückchen verfeinern. Die gebackenen Brote wurden in dem gesäuberten Brottrog hoch gestellt, damit sie gut auskühlen. Das Brot hielt sich ein bis zwei Wochen frisch.

Abriss des Backhauses in der Hauptstraße in Rückingen

Vor den Fest- oder Feiertagen brachten die Frauen ihre Kuchen auf großen Blechen zum Backhaus. Da war immer Hochbetrieb, bis in die Abendstunden hinein. Die Blechkuchen brauchten zum Backen nur 20 Minuten und sie mussten in rascher Folge ein- und ausgeschossen werden. Die gebackenen Kuchen lagen dann zum Auskühlen auf der Strasse, die damals nur wenig Verkehr hatte.
Das Backhaus wurde vom angrenzenden Bauer Freiburg gekauft und 1960 abgerissen. Das alte Backhaus in der Römerstrasse wurde nach dem Krieg umgebaut und dort eine Poststelle eingerichtet.

Die Backhäuser in Langendiebach

Bis in die 1950er Jahre existierten in Langendiebach drei Backhäuser. Von einem vierten Backhaus berichten Zeitzeugen, hierzu haben wir derzeit noch keine weiteren Aufzeichnungen. Diese waren Eigentum der Gemeinde.

Backhaus in der Turmstraße in Langendiebach (ca. 1900)

Das erste Backhaus bestand aus Bruchsteinen und stand in der Gartenstrasse, jetzige Fröbelstrasse. Zuständig für dieses Backhaus war die Bäckermeisterin Frau Dorothea Kress.
Das zweite Backhaus war ebenfalls aus Bruchsteinen und stand in der Fallbachstraße neben dem „Lehrerhaus“.
Hierfür war Frau Schleiffer, Breulstraße, zuständig.
Das dritte Backhaus war ein Fachwerkgebäude in der Turmstrasse Ecke Uferstrasse. Es wurde für den Ausbau der Uferstrasse abgerissen. Hierfür war die Bäckermeisterin Frau Elisabeth Schneider aus der Kirchstrasse zuständig.
Ein viertes Backhaus soll laut Zeitzeugen bis ca. 1910 in der Bürgerstrasse auf dem heutigen Anwesen Bretag gestanden haben.
Gebacken wurde wochentags meist in zwei bis drei „Hitzen“ zu je 2 Familien. Samstags war die erste“Hitze“ für Brot, die folgende für Kuchen vorgesehen. Vor den Feiertagen, etwa zu Ostern, wurde nur Kuchen gebacken. Dafür wurde ein paar Tage vorher „Backen gespielt“. Das heißt, es wurde ausgelost, wer in die erste, zweite und dritte „Hitze“ kam. Montags war „Anhitze“, die reihum ging. Den Sauerteig hatten nur einzelne Familien. Er wurde ausgeliehen und wieder voll zurück gebracht, damit er immer frisch war. Der Brotteig wurde am Abend vor dem Backen angesetzt. Mehl, Sauerteig und lauwarmes Wasser wurden im Backtrog zusammen verrührt. So gegen 6 Uhr am nächsten Tag wurde der Teig gemacht und mit Salz und Mehl verknetet.
Geheizt wurden die Backhäuser mit Backwellen. Es war auf einen Meter zugeschnittener, gebündelter Reisig. Auch Holz von Obstbäumen wurde sehr gerne verheizt. Es hielt die Hitze länger an. Die Holzmenge für die einzelnen Backvorgänge war Erfahrenssache. Die Öfen hatten weder Licht noch Thermostate. Die richtige Hitze hatte der Ofen, wenn nach dem Verbrennen alle Steine weiß waren. Die Glut wurde mit der „Kist“ verrührt. Das war eine lange Eisenstange mit einem Brett daran. Das Brett musste des öfteren in einen Zinkeimer mit Wasser getaucht werden, damit es nicht verbrannte. Die verbliebene Asche wurde dann mit einem nassen Sack, der um das „ Kistbrett“ gelegt wurde ,entfernt (gehullt) bis der Ofenboden sauber war.

Blick in die Fallbachstraße mit damaligem Backhaus (ca. 1960)

Jetzt wurden die einzelnen Brote geformt. Auf dem Backschieber wurde etwas Mehl verteilt und der Laib darauf gesetzt und eingeschoben. Damit jede Familie „Ihr“ Brot bekam, wurden die Laibe gezeichnet. Es wurden mit den Fingern ein, zwei oder drei Löcher gestochen. Die Backzeit dauerte 1 ½ Stunden. Kurz vor dem Ende des Backens wurden die Brote dann wieder mit dem Schieber einzeln herausgeholt und noch auf dem Schieber mit der Brotbürste mit lauwarmem Wasser angefrischt und wieder in den Ofen geschoben, deshalb glänzt die Kruste.
Die Teigreste vom Boden und der Wand wurde mit der „Kratze“ (wie eine Hacke ohne Stiel) zusammengekratzt. Es wurde etwas Zucker, Vanillezucker, Apfelschnitzel oder getrocknetes Dörrobst dazugegeben, verknetet und zu einem großen Fladen geformt. Nun wurde der Fladen in mehrere Stücke geteilt und ½ Stunde im vorderen Ofenteil gebacken. Das war der sehr beliebte gute Kratzkuchen. Die Brote wurden im Keller auf der „Brothenke“ aufbewahrt. Sie waren eine mit zwei Stangen, ca. 2 Meter lang, und mit Draht an der Decke befestigte Henkel. Sicherlich wegen der Mäuse. Brot gebacken wurde meist alle 14 Tage.

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