Die heutige ev. Kirche Rückingen hatte eine im Jahre 1912 abgebrochene kleine Vorläuferkirche. Diese stand im sogenannten Oberdorf gegenüber dem „Schlösschen“ im Bereich des heutigen Schulhofes der Grundschule. Die Vertiefung auf dessen Spielplatzteil zeigt etwa den Grundriss dieser Kirche. Zwei bei Ausgrabungen 1984/85 gefundene Münzen deuten darauf hin, dass die Anfänge der erstmals im Jahr 1311 urkundlich erwähnten Kapelle bis ins 13. Jahrhundert zurückreichen.
Zu Beginn des 17. Jahrhunderts war diese Kapelle
zu einer kleinen lutherischen Kirche im Stil der Spätrenaissance erweitert
worden. Als freistehende Kapelle vor den Wohnhäusern der Grundherren errichtet,
trennte das Gebäude den Lebensbereich von Schloss und Dorf. Die Kirche – der
Glockenturm kam erst 1704 aufs Dach – ist als Bürgerhaus mit flacher Decke
ausgeführt worden. Die westliche Giebelseite ließen die Bauherren mit ihren
Wappensteinen, Renaissance-Ornamenten und niederländisch-manieristischem
Schweifwerk dekorieren. Im Laufe der Zeit wurde diese alte Kirche zu klein und
immer reparaturanfälliger, so dass Ende des 19. Jahrhunderts an einen Neubau
gedacht werden musste.
Die Anregung zum Bau einer neuen Kirche stammte von Pfarrer Eduard Fritsch. Aus
einem Bericht von ihm an den Landrat in Hanau vom 8. Juli 1884, in dem er die
Notwendigkeit eines Neubaus darlegte, schilderte er den Zustand des alten
Kirchengebäudes: „Die Kirche liegt einen halben Meter in der Erde, der Fußboden
ist nass; fast allsonntäglich kommen zur Zeit des Gottesdienstes Kröten aus
ihren Schlupfwinkeln hervor, was oft, namentlich bei Schulkindern, Störungen
hervorruft (…)“.