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Kleinbahn am Langenselbolder Bahnhof |
Die Hanauer Kleinbahn wurde am 1. Oktober 1896 in Betrieb genommen. Sie
führte vom Lokalbahnhof in Hanau nach Hüttengesäß über Langendiebach und
Ravolzhausen. Ein zweiter Streckenabschnitt führte über Rückingen nach
Langenselbold.
Allgemeine Daten
Die Streckenlänge betrug insgesamt 20,6 Kilometer.Die Streckenlänge
Hanau – Hüttengesäß betrug 15,1 Kilometer (km), die Strecke Hanau –
Langenselbold kam auf 10,4 km.
Das Gleisnetz betrug insgesamt 22,4 km. Davon lagen 9,9 km auf
öffentlichem Grund, also auf oder neben der Strasse. Weitere 10,7 km der
Gleise lagen auf bahneigenem Grund. In den Bahnstationen waren
zusätzlich 1800 Meter Gleise zum Rangieren der Lok verlegt.
Die Kleinbahn finanzierte sich über eine Aktiengesellschaft.
Hauptaktionär der „Hanauer Kleinbahn AG“ war der Landkreis Hanau.
Die Betriebsführung der Hanauer Kleinbahn war bis 1904 in Berlin
ansässig und zog dann nach Hanau um.
Die Beförderungsleistung lag 1904 bei 549.156 Personen und 23.781 Tonnen
Güter, 1928 bei 116.869 Personen und 34.456 Tonnen Güter.
1914 fuhren werktags 6 und sonntags 4 Zugpaare auf der Strecke Hanau –
Langenselbold, die Fahrzeit betrug 31 Minuten. Auf der Strecke Hanau –
Hüttengesäß fuhren werktags 6 und sonntags 5 Zugpaare, die Fahrzeit lag
bei 40 Minuten.
Am 31.3.1931 wurde der Betrieb der Kleinbahn eingestellt
Die Bahnhofstationen
Das Bahnhofsgebäude in Hanau
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Bahnhofsgebäude in Hanau |
Das Bahnhofsgebäude in Hanau befand sich 250 m südlich des Hanauer
Nordbahnhofs im Lamboy-Viertel. Auf dem Bahnhofsgelände stand später das
Gebäude der Molkereigenossenschaft, das heute nicht mehr vorhanden ist.
Das Bahnhofsgebäude in Langendiebach
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Bahnhofsgebäude in Langendiebach |
Das Bahnhofsgebäude in Langendiebach stand an der heutigen
Eugen-Kaiser-Straße. In der Station war eine Wirtschaft untergebracht,
die nach Ende des Bahnbetriebs weiterbestand. Der Gastbetrieb wurde Ende
2014 eingestellt und das Haus im Jahr 2016 abgerissen.
Das Bahnhofsgebäude in Rückingen
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Bahnhofsgebäude in Rückingen |
Das Bahnhofsgebäude in Rückingen befand sich in einem kleinen Holzhaus
neben der Bahnhofswirtschaft (heute Anwesen Eberwein) in der Leipziger
Straße.
Das Bahnhofsgebäude in Langenselbold
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Bahnhofsgebäude in Langenselbold |
Das Bahnhofsgebäude in Langenselbold stand unterhalb des Schlossbergs an
der Ecke Leipziger Straße und Kinzigstraße, es wurde 1974 abgerissen.
Warum sich der Bahnhof so weit abseits des Ortes befand ist völlig
unklar, da sich zwischen dem Bahnhof und dem Ort freies Feld befand. Es
soll Pläne gegeben haben, die Strecke bis nach Niedergründau auszubauen.
Das Bahnhofsgebäude in Ravolzhausen
Der Bahnhof in Ravolzhausen befand sich in der Nähe der damaligen
Ziegelei. Es liegen uns keine Fotos hiervon vor.
Das Bahnhofsgebäude in Hüttengesäß (Endstation)
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Bahnhofsgebäude in Hüttengesäß |
Der Endbahnhof in Hüttengesäß lag weit abseits des Ortes an der Straße
nach Langenselbold. Dieses Gebäude ist heute noch erhalten. Des Weiteren
befand sich in Hüttengesäß neben dem Bahnhofsgebäude ein kleiner
eingleisiger Lokschuppen.
Die Strecke
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Karte der damaligen Strecke |
Die Kleinbahn kam vom Hanauer Lokalbahnhof und fuhr eingleisig durch das
heutige Tümpelgartengebiet, welches damals noch Wiesengelände war.
Weiter ging es durch den „Lamboywald“, wo die Kleinbahn den ersten Stopp
am Neuhof, der sogenannten Wanderarbeiterstätte einlegte, entlang der
Landstrasse nach Rückingen. Kurz vor Rückingen, etwa auf Höhe des
Römerbades, befand sich die Rückinger Weiche. Von hier aus gingen Gleise
weiter über Langendiebach nach Ravolzhausen. Auf dieser Strecke machte
die Bahnlinie einen großen Bogen in Richtung Norden. Dieser Bogen wurde
gebaut, um eine Erhöhung zu umfahren, die bei direkter Verbindung zu
überwinden gewesen wäre. Weiter ging es zum Endbahnhof in Hüttengesäß.
Auf dieser Strecke sind noch heute Reste der damaligen Bahnstrecke zu
sehen. Die andere Linie führte von der Rückinger Weiche über Rückingen,
folgte dann der alten Landstrasse, heutige Schnellstrasse, umfuhr vor
Langenselbold den Schlossberg und erreichte unterhalb des Schlossbergs
den Endbahnhof Langenselbold. Es gab wohl auch Pläne, die Bahnstrecke
über Hüttengesäß nach Marköbel und Langenbergheim bis nach Büdingen
auszubauen, wie auch die Langenselbolder Strecke wohl bis nach
Niedergründau geführt werden sollte. Warum diese Pläne nicht umgesetzt
wurden, ist leider nicht bekannt.
Auswirkung auf unsere Wirtschaft
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Ausschnitt einer alten Ansichtskarte |
Eigentlicher Zweck des Bahnbaues war die verkehrstechnische Verbindung
des östlichen Teils des damaligen Landkreises Hanau, zwischen den
Staatsbahnstrecken Hanau – Gelnhausen und Hanau – Gießen. Ein weiterer
Grund waren Berufs- und allgemeiner Reiseverkehr nach Hanau, sowie die
Ab- und Anlieferung landwirtschaftlicher Erzeugnisse und industrieller
Güter. So trug der Bau der Bahnstrecke neben der Personenbeförderung
auch durch Gütertransporte erheblich zur wirtschaftlichen Entwicklung
von Rückingen und Langendiebach bei. In Langendiebach wurde zum Beispiel
die Firma Brüning über ein besonderes Anschlussgleis mit Buchenstämmen
zur Herstellung von Zigarrenkisten und Wickelformen beliefert. Auch war
Langendiebach der erste Ort im Landkreis mit einem Elektrizitätswerk und
brauchte Kohlen und Briketts. In Rückingen wurden Schönmeyergetreide für
die Mühle ausgeladen und wiederum Mehl und Kleie umgeschlagen. In
Ravolzhausen wurde die Ziegelei mit Kohle beliefert und Dachziegel und
Backsteine wurden verschickt. Zur Ziegelei führte ein Anschlussgleis. In
Langenselbold wurde das Gaswerk mit Kohle versorgt, und auch die
Leimfabrik, die sich hinter dem Bahnhof befand, wurde über einen eigenen
Gleisanschluss beliefert.
Betriebseinstellung
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Bahnhofsgebäude mit Lok in Langendiebach |
Eingestellt wurde der Betrieb der Kleinbahn aus wirtschaftlichen
Gründen. Im Hanauer Anzeiger vom 26. März 1931 schreibt die Direktion
der Hanauer Kleinbahngesellschaft AG in der Rubrik Bekanntmachungen:
„Infolge der allgemeinen Wirtschaftsnot, insbesondere der herrschenden
Arbeitslosigkeit, ist der Verkehr der Hanauer Kleinbahn derart
zurückgegangen, dass der Betrieb der Bahn sich nicht mehr halten lässt."
Man versuchte wohl, die Strecke wieder in Betrieb zu nehmen. Leider
wurden diese Planungen jedoch nie umgesetzt. Bereits 1934 wurden Teile
der Schienen demontiert, und die Lizenz zum Bahnbetrieb wurde am 28.3.
1935 entzogen. Ab Frühjahr 1934, bis zum 27.5.1941, wurde der
Güterschuppen des Stationsgebäudes Langendiebach von der Reichsbahn
angemietet und ein Stückgutverkehr, ausgeführt durch Lastkraftwagen, für
die Orte Langendiebach, Rückingen und die Flugplatzbaustellen
eingerichtet. Der ehemalige Stationsvorsteher, Herr Dorn, war während
dieser Zeit für die gesamte Abwicklung zuständig.